23. Dezember




Unser Adventskalender soll die Wartezeit bis zum Weihnachtsfest verkürzen und die Vorfreude auf ein besinnliches Fest steigern.

23. Dezember

Beitragvon Cerberus » 23.12.2011, 00:02

Eingesandt von Hubert

Nuri - die Fortsetzung

Nach drei Tagen erreicht ein Opel Corsa mit zwei Erwachsenen, deren kompletten Hausrat und ein ausgewachsener Schäferhund deutschen Boden.
Viel, sehr viel Arbeit kommt auf uns zu und gerade in den ersten Monaten musste unser „Kind“ viele Stunden auf uns warten. Sein Liebreiz erobert die Menschen und ehe wir uns versehen haben, hat sich dieser Kerl einen eigenen Fanclub aufgebaut. Seine Gassi Gänge müssen aufgrund der hohen Nachfrage geplant werden; jeder soll zu seinem Recht kommen.

Erinnerungen: Urlaub in Nikiti, du riechst das Meer und bist im Geiste wieder Zuhause. Nachdem du eine Luftmatratze erlegt hast, deinen Ball zigmal aus den Wellen retten durftest, sitzen wir an der Platia in Agios Nikolaos. Wir wollen gehen, doch du kannst nicht mehr aufstehen. Von jetzt auf gleich bist du an der Grenze zum Tod. Wir telefonieren mit unserem Tierarzt, der uns lediglich eine Ferndiagnose, die im Nachhinein absolut richtig war, mitteilen konnte und mit der Empfehlung einer sofortigen Heimreise nach Deutschland, das Gespräch beendete.

Die Fahrt mit dir nach Deutschland war der Gang durch ungezählte Höllen. Die Angst um dich steigerte sich in Panik und ich gab so richtig Gas. Endlich stehst du auf einem Behandlungstisch in der Schweiz und der Tierarzt behandelt dich ins Blaue hinein. Sofort wieder ins Auto und nonstop nach Würzburg. Die Tierärztin behandelt dich auf eine Vermutung hin und liegt ebenfalls richtig. Es war knapp und du hast uns spüren lassen, wie es ist, wenn das Schicksal einem das Wertvollste im Leben nehmen will.

Die Tierärztin wird einige Jahre später in unserem Gästezimmer 40 Hunde kastrieren und beim abendlichen Essen erkennen wir uns wieder. Ihre Vermutung der Borreliose war damals für Nuri die Rettung.
Der Kastrationsaktion ging jedoch ein Ereignis voraus, was unser Leben grundlegend verändern sollte. Im Sommer 97 lebten wir schon wieder 6 Monate in Nikiti und hatten Besuch aus Würzburg. Ein Spaziergang führte uns an den Ortsrand und Nuri sauste durchs unwegsame Gelände. Plötzlich bellte er, kam zu uns, ging wieder ins Unterholz, kam wieder zurück und wollte uns etwas sagen. Samira bahnte sich einen Weg in das Gestrüpp und fand vier weggeworfene Hundewelpen. Ohne zu überlegen wurden die Fellknäule eingesammelt und zusammen mit einigen hundert Zecken und noch mehr Flöhen ins Haus gebracht. Was machen?!: „Du, Du und Du, Ihr habt ab jetzt einen Hund“. Diese burschikose Art der ersten Vermittlung von Hunden durch uns war der Anfang eines Tierschutzes, der in den folgenden Jahren die Mauern unseres kleinen Bauernhauses sprengen sollte und die wohl netteste Tierschutzeinrichtung in Griechenland entstehen ließ.
Nuri musste sich die Zuneigung mit Tempo teilen, der mit griechischer Bauerschläue regelmäßig zum Essen erschien, sich noch schnell eine Krankheit zulegte und somit sein Zuhause einforderte. Es gelang! Nachdem sich die beiden gegenseitig die Ohren getackert hatten, entstand eine tiefe Freundschaft mit klar definierter Arbeitsteilung. Tempo provozierte andere Hunde und Nuri musste die Kastanien aus dem Feuer holen.
Nach Tempo kam Rea nebst angefahrenem Kind, danach Mäuschen, Cora und Würmchen. Um unsere kleine Bauern Kate so richtig zum Vibrieren zu bringen, kämpften einige Welpen im Vorgärdchen, vergiftete Hunde wie Mendelson kämpften im Schlafzimmer um ihr Leben und im Gästezimmer wartete ein Heimück auf seine Ausreise. Dazwischen einige Kastrationen mit Campingtisch und Schreibtischlampe, einige TV – Teams, wieder Gift und wieder Unfallhund im Straßengraben.

Erinnerungen: Ich erkenne langsam dein wahres Wesen. Der Vergleich mit Tempo macht es mir dabei sehr leicht. Während der Fressen, Saufen und Egoismus zu den wichtigsten Determinanten seines Daseins erhebt, avancierst du zum wirklichen Führer. Kleine Kinder dürfen auf dir ihre ersten Reiterfahrungen sammeln, Katzenbabys tollen auf dir herum, Welpen spielen ohne Angst in deiner direkten Nähe und niemals verlierst du Deine Aufmerksamkeit fürs Ganze.
Ich surfe ziemlich weit draußen und sehe einige hundert Meter von mir entfernt etwas auf mich zu schwimmen. Du verrückter Köter, willst schon wieder retten, wo es überhaupt nichts zu retten gibt. Ich ziehe dich aufs Brett und mit der Selbstverständlichkeit einer Olive im Martiniglas schipperst du durch die Wellen des Meeres.

„Entweder wir machen es richtig oder wir verlassen das Land“. Diese Entscheidung stand im Raum und wie durch ein kleines Wunder irrte zeitgleich ein Käufer für unsere Kate durch Nikiti.
Im April zogen wir mit Hund und Kegel auf unseren Acker, welches der Anfang für die Tierschutzstation war. Mit der Errichtung der Hundehäuser nahm auch der Bestand an aufgenommenen Hunden und einigen Katzen zu.
Nuri lag leicht erhöht auf seinem Platz und beobachtete das Treiben seiner Untertanen. Diese Autorität war einfach nicht zu übersehen. Die jungen Hunde gingen zur Begrüßung zu ihm, leckten die Schnauze ab und zogen mit Ehrfurcht im Herzen in Richtung Spielplatz. Selbst der dicke Lui, unser Stationshund, erkannte ohne stattfindende Handgreiflichkeiten seine Führerschaft an. Unser ehemaliges Geschenk, unser empfundenes Kind, der nicht wegzudenkende Teil unseres Lebens, wurde sichtbar alt und eine rationale Angst legte sich wie ein Schleier auf unsere Kommunikation. Der Tag rückte unaufhaltsam näher, bis er dann am 25.03.2006 von der Gegenwart in die Vergangenheit wechselte.

Erinnerungen und Fazit: Du bist auf gebart, der Treibstoff für die Reise deiner Seele ist schon ganz unruhig und dann ist es soweit. Die Flammen schicken dein Wesen ins Jenseits, wo solche wie du mit Sicherheit auch gebraucht werden.
Du hinterlässt Trauer und noch mehr Dankbarkeit. Die eigentliche Berufung für unser Handeln zu erkennen, ist für uns Menschen nicht so leicht, aber möglich!
Du hast etwas angestoßen, was zig Tausende deiner Artgenossen ein Leben in Würde ermöglicht hat. Die Griechen bezeichnen einen Mann, der mit wenigen Worten und viel Ausstrahlung seine Umwelt beeinflussen kann, als Leventis.
Woher kannten Dich die alten Griechen? Die Antwort werden wir wohl nie erfahren, aber man muss auch nicht alles wissen
Cerberus
 

von Anzeige » 23.12.2011, 00:02

Anzeige
 


Ähnliche Beiträge

24. Dezember
Forum: Es weihnachtet sehr 2011
Autor: Anonymous
Antworten: 0
22. Dezember
Forum: Es weihnachtet sehr 2011
Autor: Anonymous
Antworten: 0
9. Dezember
Forum: Es weihnachtet sehr 2011
Autor: Anonymous
Antworten: 0
21. Dezember
Forum: Es weihnachtet sehr 2011
Autor: Anonymous
Antworten: 0
16. Dezember
Forum: Es weihnachtet sehr 2011
Autor: Anonymous
Antworten: 0

Zurück zu Es weihnachtet sehr 2011

Wer ist online?

0 Mitglieder

cron