11. Dezember




Unser Adventskalender soll die Wartezeit bis zum Weihnachtsfest verkürzen und die Vorfreude auf ein besinnliches Fest steigern.

11. Dezember

Beitragvon Cerberus » 11.12.2011, 01:57

Eingesand von Uschi

Dieser Artikel von Christine Gebhard erschien in der Zeitung " Mein Hund " Mai und Juni 2000

BERRY (eine wahre Geschichte) Teil II

Berry's Abenteuer

Berry liebt Biergärten und Autofahren. Er sucht das aufregende Leben, auch heute noch, und ich versuche, es ihm zu geben.
Wir waren, als Berry noch mithalten konnte, viel unterwegs. Wir waren zelten, lebten ein halbes Jahr im Wohnwagen, gingen in die Berge. Ich kurierte all seine Verletzungen, er überstand eine Vergiftung, er wurde einmal von einem anderen Hund fünfmal in den Hals gebissen und die Behandlung der Verletzungen war eine schmerzvolle Angelegenheit. Er schnitt sich eine Sehne seines Zehs durch und riss sich in seiner Hektik die Unterlippe vom Kiefer. Sie wurde in einer einstündigen Operation wieder angenäht. Er lief immer wie ein Wilder durch die Gegend, als ob er sich nicht satt sehen konnte an allem und nicht satt erleben. Er konnte sich über Ausflüge freuen, wie kein zweiter. Er konnte laufen und toben mit einer nicht zu erschöpfenden Ausdauer, er fand jedes Dreckloch, jeden Misthaufen, jede Glasscherbe, in die er treten konnte. Meine Hunde begleiteten mich zu Fuß, zu Rad und zu Pferd durch die Stille der Wälder. Ich konnte mit Berry nach zweijährigem Training an der Rettungshundeprüfung teilnehmen, die er allerdings nicht bestand, da er nicht schussfest ist. Später stellte ich fest, dass er irgendwann vor meiner Zeit Bekanntschaft mit Schutzdienst gemacht haben musste, er konnte Stellen und Verbellen und auch die Verfolgung des Figuranten beherrschte er prüfungsreif. Wieder sehr erstaunlich, für einen Hund, der angeblich immer im Tierheim war.
Berry lernte, Schlüssel zu finden, Schubladen und Türen zu öffnen, Schuhe zu bringen. Berry fand immer den Weg zum Auto zurück, wenn ich mich verlaufen hatte.
Ich sagte ihm nur " such Auto " und schon ging er zielstrebig zurück.
Heute ist er für solche Dinge zu vergesslich und er weiß manchmal nicht mehr, was die einzelnen Kommandos bedeuten.

Berry wird alt

Berry ist alt geworden. Er hört und sieht fast nichts mehr. Früher ging ihm nichts schnell genug und heute geht ihm alles zu schnell. Früher war er wild und stürmisch,
heute ist er langsam und ruhig. Heute geht er manchmal fast verloren und ich muss ihn deshalb häufig an der Leine führen, weil er sich alleine nicht mehr zurechtfindet.
Ich blicke auf fast 11 Jahre Leben mit Berry zurück. Er hat sich vom Tierheimhund, den niemand mehr haben wollte zum besten Hund der Welt entwickelt.
Er war damals wohl älter, als das Tierheim angab und so ist er heute mindestens 13, wenn nicht 14 Jahre alt.
Berry und Jabberwocky sind für mich das Idealbild eines perfekt gelebten Rudels. Sie haben mir gezeigt, wie sich Hunde untereinander verständigen, sie haben vieles
widerlegt, was pauschal zu lesen ist. Sie leben mir die Lebendigkeit und die Flexibilität einer harmonischen, friedvollen und bereichernder Gemeinschaft vor, in der auch
neue Mitglieder wie meine Katzen ohne Aggression aufgenommen werden und ihren Platz finden.

Berry hatte mir all die dunklen Seiten gezeigt, er hat mich zur Verzweiflung getrieben und an den Rand meiner Kräfte. Er hat mir gezeigt, dass Liebe allein nicht genügt
und dass mehr dazu gehört, als nur die Zwingertüre eines Tierheimes zu öffnen, wenn man einem Hund helfen will, der im Grunde genommen nicht mehr vermittelbar ist.
Er hat mir aber auch all seine fröhlichen, lebendigen Seiten gezeigt.
Und er hat bewiesen, dass auch schwierige Hunde resozialisierbar sein können. Wir Menschen müssen ihnen nur eine Chance dazu geben.

Es ist Januar 2000 und Berry geht es nicht sehr gut. Auch wenn ich es nicht wahrhaben will, aber selbst mein Hund ist nicht unsterblich.
Sein Alter macht sich traurig bemerkbar und es geht alles viel zu schnell.
Er ist sehr dünn geworden. Er hat seinen letzten Lebensabschnitt begonnen und ich werde alles unternehmen, um ihn nach einem gelebten Leben ein würdiges Alter
zu ermöglichen und wenn es irgendwann sein muss, auch einen würdigen Tod.

Berry war in seinen guten Jahren dominant und stark. Und er zeigt mir jetzt, wo seinen Kräfte schwinden, den souveränen Abgang eines Rudelchef's, der die Führung
kampflos und beinahe behutsam seinem Nachfolger überlässt. Er hat sich 9 Jahre den Husky als würdige Vertretung herangezogen. Fast etappenweise überträgt ihm Berry
die Rolle des dominanten Hundes.

Jabberwocky verändert sich. Aus dem ewigen Kind und einem manchmal jähzornigen Husky wird ganz langsam ein besonnener Hund, der das Rudel und besonders Berry schützt. Jabberwocky nimmt sich seine Rechte nicht, er lässt sie sich übergeben. Der Wandel ist schleichend und still. Er wir lernen müssen, eines Tages ohne Berry
zurechtzukommen. Und manchmal habe ich das Gefühl, dass Berry ihn genau darauf vorbereitet.

Ein geliebter Hund verabschiedet sich

Am 12. Februar starb Berry friedlich in meinen Armen.
Berry's Krankheit gab mir die Chance, mich mit seinem Tod auseinanderzusetzen und mich langsam und ganz bewusst während seiner letzten Wochen von ihm zu
verabschieden. Ich konnte loslassen und ließ es zu, als er mir auf seine Weise mitteilte, dass er bereit war, zu gehen.

Berry nahm einen Teil meines Lebens mit in eine andere Welt. Mein Leben wäre ohne ihn völlig anders verlaufen. Weil ich damals, vor 11 Jahren ihn, den Problemhund
aufnahm und nicht einen Welpen. Berry öffnete mir Türen meiner selbst, die für immer verschlossen geblieben wären. Berry führte mich auf Wege, die ich ohne ihn niemals
gegangen wäre.

Das Leben geht weiter, aber anders. Es wird nie wieder so sein, wie es war. Weil er, der beinahe wichtigste Teil meines Lebens nicht mehr dabei ist.
Cerberus
 

von Anzeige » 11.12.2011, 01:57

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